Ungebremst gegen die Wand?

Diakonie Bayern fürchtet um den Fortbestand sozialer Dienste

Nürnberg, 30.05.2023 Der Personalmangel gefährdet zunehmend den Bestand sozialer Einrichtungen in Bayern. Dies befürchtet das Diakonische Werk Bayern, der zweitgrößte bayerische Wohlfahrtsverband im Freistaat. „Die Situation ist im wahrsten Sinne des Wortes todernst“, sagte die Präsidentin der Diakonie Bayern, Dr. Sabine Weingärtner im Rahmen einer Pressekonferenz heute in Nürnberg. Es gehe nicht mehr um die Frage, wie gut die Versorgung in den Einrichtungen sei, sondern um die Frage: „Wird es diese Einrichtungen morgen noch geben?“

Nach den gestiegenen Energiekosten sowie den inflationsbedingten Kostensteigerungen bringe mittlerweile der Personalmangel die Träger sozialer Angebote in massive wirtschaftliche Schwierigkeiten. Weingärtner: „Einrichtungen der Altenhilfe, aber auch der Kinder- und Jugendhilfe sowie der Behindertenhilfe müssen Stationen oder sogar ganze Einrichtungen schließen.“ Müsse aber ein Träger wegen Personalmangels eine Einrichtung oder auch nur eine Station schließen, hätte dies weitreichende Folgen: „Es brechen weitere Umsätze weg, die an anderer Stelle dringend gebraucht werden. Zum Beispiel bei Beratungsdiensten, für die die Träger weiterhin Eigenmittel aufbringen müssen – und das, obwohl sie einen Beitrag zur öffentlichen Daseinsvorsorge leisten, deren Kosten eigentlich übernommen werden sollten.“

Dort, wo der Betrieb hingegen aufrechterhalten werde, werde dies der Diakonie zufolge mit Einbußen bei der Qualität der Angebote erkauft. So haben einer Studie des Deutschen Kitaleitungskongresses (DKLK) zufolge 95 Prozent aller Kita-Leitungen in Deutschland angegeben, dass das Personal, das angestellt wurde, aufgrund mangelnder Qualifikation vor einigen Jahren noch nicht eingestellt worden wäre.

Besonders massiv sind die Folgen des Personalmangels mittlerweile in der Altenhilfe, so Sandra Schuhmann, als Vorständin der Diakonie unter anderem zuständig für dieses Arbeitsfeld: „Mehr als 75 Prozent aller Altenhilfeeinrichtungen mussten in den vergangenen sechs Monaten personalbedingt Leistungen einschränken.“ Immer häufiger käme es auch zur Kündigung bereits bestehender Versorgungsverträge: „Diakonische Träger ziehen sich teilweise sogar komplett aus der ambulanten Versorgung alter Menschen zurück.“

Das Instrument der Zeitarbeit, das mittlerweile nicht nur in der Altenhilfe, sondern auch in der Kinder- und Jugendhilfe zum Einsatz komme, ist nach Ansicht der Diakonie nicht geeignet, das Problem des Personalmangels zu lösen – dafür ist es zu teuer: „Mitarbeitende von Zeitarbeitsfirmen kosten teilweise doppelt so viel wie festangestellte Mitarbeitende – diese Kosten werden jedoch nicht refinanziert, und müssen aus den Rücklagen der Träger bezahlt werden.“ Die Diakonie fordert darum einen Preisdeckel für Zeitarbeit von beispielsweise fünf Prozent oberhalb des Tariflohns. Diakonie-Vorständin Schuhmann betonte, dass „die Politik den Ernst der Lage langsam zu verstehen scheint. Einzig: Die getroffenen Maßnahmen kommen zu spät oder sind unterdimensioniert.“ Wenn eine Einrichtung ganze Stationen wegen fehlenden Personals nicht belegen könne, müsse sie zum Beispiel dennoch die Investitionskosten bezahlen, etwa zum Erhalt der Gebäude. Sie forderte deswegen eine erneute Investitionskostenförderung – ein Instrument, das sich bereits während der Pandemie als hilfreich erwiesen habe: „Hier hat der Freistaat insgesamt 40 Millionen Euro Investitionskostenförderung ausbezahlt und somit viele Einrichtungen erfolgreich unterstützt. Eine solche Hilfe sollte der Politik die weitere Sicherung der Versorgung alter Menschen wert sein."

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Daniel Wagner Pressesprecher