Mehr um das Kümmern kümmern!

Evangelisches Bündnis zum Equal Care Day fordert Aufwertung von Sorgearbeit

Nürnberg, 25.02.2020 Hausarbeit, Kindererziehung, Pflege von Angehörigen – der Großteil der menschlichen Arbeit ist Sorgearbeit. Gleichzeitig bleiben die öffentliche Wahrnehmung und Anerkennung von Care-Arbeit hinter ihrer gesellschaftlichen Relevanz zurück. Auf die ungleiche Verteilung der Care-Arbeit zwischen Frauen und Männern macht nun erstmals zum bundesweiten Aktionstag Equal Care Day am 29. Februar 2020 ein evangelisches Bündnis aus verschiedenen Organisationen und Einrichtungen aufmerksam.

Wer heute bezahlte wie auch unbezahlte Care-Arbeit leistet, nimmt eine Reihe von teilweise beträchtli-chen Nachteilen in Kauf. Weil nach wie vor Frauen einen Großteil dieser Arbeit leisten, sind sie es, die am häufigsten mit den nachteiligen Konsequenzen konfrontiert sind. Rund zwei Drittel der unbezahlten Sorge- oder Care-Arbeit wird von Frauen geleistet. Sie wird häufig stillschweigend vorausgesetzt und bleibt unsichtbar. Bei der bezahlten Care-Arbeit, die oft schlecht entlohnt und wenig anerkannt ist, ist der Prozentsatz noch höher.

"Sorgearbeit ist nach wie vor größtenteils Frauensache", so Dr. Andrea König vom forum frauen im Amt für Gemeindedienst der ELKB. Rund 80% der Care-Arbeit wird von Frauen geleistet, sowohl im professionellen Bereich und mehr noch im privaten. "Die gesellschaftliche Verantwortung der Care-Arbeit wird individualisiert und lastet vorwiegend auf dem Rücken von Frauen", so König. Die Übernahme der familiären Sorgearbeit bedeutet für Frauen in der Regel den Bruch ihrer Erwerbsbiographie. Fehlende Anerkennung von Pflegezeiten führen zu Lücken in der Alterssicherung. Altersarmut droht.

Aus dem 2019 veröffentlichten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung und einer Studie der Inter-nationalen Arbeitsorganisation (ILO) geht hervor, dass Frauen im Schnitt viermal mehr unbezahlte Sorgearbeit als Männer verrichten. Der so genannte Gender Care Gap beziffert die geschlechtsspezifische Differenz des Zeitaufwands, der für unbezahlte Sorgearbeit aufgebracht wird. Die meiste Care-Arbeit leisten alleinerziehende Frauen, insbesondere solche mit kleinen Kindern. Bei ihnen zeigt sich auch der größte Gender Care Gap. "Alleinerziehende Frauen kommen oftmals vor lauter Sorgearbeit überhaupt nicht zum Durchatmen, weil ihnen neben der Sorgearbeit auch noch die Be-schaffung des Familieneinkommens obliegt. Dies wird kaum thematisiert", so Karin Mack von der Evang. Fachstelle Alleinerziehende. Die Zahl der Frauen, die aufgrund familiärer Belastung an Erschöpfungssymptomen leiden, steigt seit Jahren. Dies bestätigt auch Michaela Wachsmuth, geschäftsführende Vorständin vom FrauenWerk Stein: "Der Druck der ständigen Verfügbarkeit und der Erwartungshaltung sich stets um alles kümmern zu müssen, kann Frauen und Mütter krank machen. Viele Frauen und Mütter kommen mit Erschöpfungssyndromen in Vorsorge und Rehabilitationskliniken für Mutter/Mütter- Kind."


"Die gesellschaftliche Wertschätzung von Sorgearbeit muss sich wandeln", so Doris Weigand vom Diakonischen Werk Bayern. Dies bestimmt auch Bezahlung und Rahmenbedingungen. Dass dies weitreichende Folgen hat, zeigt auch der Umstand, dass Sorgearbeit zunehmend an Frauen aus anderen Ländern meist mit niedrigerem Lohnniveau ausgelagert wird. Dies sorgt in den Herkunftsländern der in Deutschland pflegenden Frauen wiederum für eine Care-Lücke. "Bei der Suche nach Lösungen zum Thema Pflegenotstand und Arbeitsmigration muss dies mitbedacht werden", so Hanna Kaltenhäuser vom Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt.

Die eaf bayern setzt sich für die Stärkung und Unterstützung von Frauen und Männern ein, die CareArbeit und Erwerbstätigkeit miteinander vereinbaren wollen oder müssen. Renate Zeilinger, Geschäftsführerin der eaf bayern, dazu: "Damit Frauen wie Männer den Spagat zwischen Pflegeverantwortung und Erwerbstätigkeit besser bewältigen können, bedarf es dringend einer Reform des Pflegezeitgesetzes und des Familienpflegezeitgesetzes." Besonderes Augenmerk muss dabei auf einen finanziellen Ausgleich für die übernommenen Pflege- und Betreuungszeiten gelegt werden, der nicht darlehensbasiert ist. Gleichzeitig bedarf es einer verlässlichen pflegesensiblen Personalpolitik von Unternehmen, die Mitarbeitenden mit Pflegeverantwortung in ihrer Vereinbarkeit von familiärer Pflege und Erwerbsarbeit unterstützen.

Auch Männer wollen im Alltag zunehmend Zeit mit ihren Kindern verbringen, sich vermehrt an der Unterstützung kranker Angehöriger oder alter Eltern beteiligen. Sie stoßen ebenso auf Hindernisse, welche die Kombination dieser Aufgaben mit Erwerbstätigkeit schwierig machen. "Sorgearbeit geht uns alle an", so Christine Falk vom forum familie im Amt für Gemeindedienst der ELKB. Dass das Konzept "Caring Communities" (Sorgende Gemeinschaften) ein Anstoß für neue Ansatzpunkte vor Ort im Miteinander von Kirchen- und Bürgergemeinden sein könnte, davon ist Peter Dienst, Studienleiter der Rummelsberger Akademie überzeugt. "Wir alle brauchen Fürsorge, um gut aufwachsen, gut leben und schließlich gut sterben zu können", so Dienst. "Care ist die Basis unseres gemeinsamen Zusammenlebens."


Der Equal Care Day ist eine bundesweite Initiative, die auf mangelnde Wertschätzung und unfaire Verteilung von Care-Arbeit aufmerksam macht. Der Aktionstag soll das Bewusstsein schärfen, dass Care-Arbeit und Pflege, Care-Arbeiter*innen und Sich Kümmernde in unserer Gesellschaft allzu oft schlecht bis gar nicht honoriert werden und es neue Impulse braucht. Da Care-Arbeit wie der Schalttag oft übergangen wird, liegt der Equal Care Day auf dem 29. Februar 2020.In Bayern wird die Initiative zum Equal Care Day von einem breiten Bündnis evangelischer Organisationen und Einrichtungen unterstützt, zu dem neben der Diakonie Bayern auch das forum frauen im Amt für Gemeindedienst der ELKB (afg), das forum familie im Amt für Gemeindedienst der ELKB (afg), der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt (kda), das FrauenWerk Stein e.V., die Evang. Fachstelle Alleinerziehende, die Evangelische Aktionsgemeinschaft für Familienfragen in Bayern e.V. (eaf), die Rummelsberger Akademie sowie die Stabsstelle für Chancengerechtigkeit der ELKB gehören.

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Daniel Wagner Pressesprecher