Kosten der EU-Klimaziele werden zur Bedrohung für die Sozialwirtschaft

Diakonie Bayern bekräftigt Forderung nach Unterstützung beim ökologischen Umbau

Nürnberg/Rothenburg, 20.06.2024 „EU-Taxonomie“: Der Begriff klingt kompliziert – und birgt Sprengstoff für die Unternehmen der Sozialwirtschaft. Ab dem 1. Januar 2025 müssen auch Träger sozialer Einrichtungen die Nachhaltigkeit ihrer Investitionen im Sinne des Klimaschutzes und des Energieverbrauchs nachweisen. Diese EU-Taxonomie ist Teil des europäischen „Aktionsplans zur Finanzierung von nachhaltigem Wachstum“. Gelingt der Nachweis nicht, werden Kreditkosten für soziale Einrichtungen zukünftig deutlich teurer. „Dies hat massive Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation unserer Träger“, sagte die Präsidentin der Diakonie Bayern, Dr. Sabine Weingärtner, heute am Rande einer Tagung in Rothenburg. „Sie sind sowohl bei Sanierungen als auch bei Neubauten dringend auf günstige Kredite angewiesen.“

Zusammen mit den Spitzen diakonischer Unternehmen in Bayern forderte sie darum eine finanzielle Unterstützung der Politik, um die Klimaziele der EU auch für die Diakonie in Bayern umzusetzen. Zudem müsse die EU-Taxonomie noch um den Aspekt der sozialen Nachhaltigkeit ergänzt werden.

„Die Situation ist paradox“, so Weingärtner: „Die einseitige Ausrichtung des Sozialrechts auf Zweckmäßigkeit, Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit führt dazu, dass Träger eines Pflegeheimes zwar hohe Energiekosten erstattet bekommen, jedoch bei Modernisierungen im Sinne des Klimaschutzes und geringerer Energiekosten weitestgehend allein dastehen.“  Und die Kosten dafür sind immens: Die Sanierung eines durchschnittlichen Pflegeheimes kostet einer Projektgruppe der Universität Eichstätt-Ingolstadt zufolge im Schnitt 1,8 Millionen Euro. Soll die gesamte Sozialwirtschaft bis 2050 klimaneutral sein, wie es die EU vorgibt, sind Investitionen von mindestens 65 Milliarden Euro notwendig, andere Schätzungen gehen von mehr als dem Doppelten aus. „Wenn uns angesichts dieser Summen auch noch der Zugang zu dringend notwendigem Investitionskapital erschwert wird, werden die Kosten der EU-Klimaziele zum existenziellen Risiko für unsere Einrichtungen.“

 

Dabei könnte die Sozialwirtschaft einen bedeutenden Beitrag zum Klimaschutz leisten. So verursacht die Energieversorgung (Strom, Wärme) der etwa 100.000 Sozialimmobilien in Deutschland einer Berechnung zufolge einen CO2-Ausstoß von bis zu 14 Millionen Tonnen pro Jahr. Zugleich bietet der hohe Bestand an (Dach-)Flächen große Chancen für die Erzeugung von Solarstrom. Soziale Einrichtungen könnten nach der Durchführung einer energetischen Sanierung durchschnittlich 70 Prozent der aktuell benötigten Energie selbst herstellen bzw. einsparen.

 

„Die Diakonie in Bayern will ihren Teil zur Erreichung der europäischen Nachhaltigkeitsziele beitragen. Allein schon aufgrund unserer biblischen Wurzeln fühlen wir uns zur Bewahrung der Schöpfung verpflichtet,“ bekräftigten die Vertreter und Vertreterinnen der Diakonie Bayern heute in Rothenburg. „Die Kosten dafür können wir aber nicht schultern.“ Die Geschäftsführenden der Diakonie in Bayern forderten auf ihrer Tagung in Rothenburg eine entsprechende Unterstützung der Politik – sowohl finanziell als auch inhaltlich. „Die energetische Sanierung unserer Einrichtungen muss durch entsprechende Förderprogramme unterstützt werden, ohne dass dies zu Lasten der Träger bzw. der Bewohner und Bewohnerinnen geht.“ Zudem solle sich die Politik dafür einsetzen, dass auch die Nachhaltigkeit Eingang in die Sozialgesetzbücher findet und die EU-Taxonomie um eine soziale Komponente ergänzt wird, die nach Ansicht der Diakonie dann auch Aspekte wie die Rolle einer Dienstleistung für eine inklusive Gesellschaft berücksichtigt.

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Daniel Wagner Pressesprecher