Nürnberg, 18. Juli 2022 „Als erster und letzter Anker für viele, den es ohne Ehrenamtliche nicht gäbe,“ hat Diakonievorständin Sandra Schuhmann heute die Bahnhofsmissionen in Bayern gewürdigt. Das 125-jährige Jubiläum der insgesamt 13 Stellen im Freistaat wurde im Rahmen eines Staatsempfangs im Nürnberger DB-Museum begangen.
Über 300.000 Kontakte verzeichneten die Bahnhofsmissionen Schuhmann zufolge im vergangenen Jahr, davon allein über 180.000 in der größten bayerischen Bahnhofsmission, in München. Die Zahl der Kontakte sei seit 2019 – trotz der Pandemie – um knapp zehn Prozent gestiegen. „Zugenommen hat leider auch der Bedarf an materieller Hilfe – ein deutliches Zeichen für die wachsende Armut angesichts steigender Lebenshaltungskosten und Preise.“ So hat sich in München der Bedarf an Lebensmitteln, aber auch Kleidung verdreieinhalbfacht, in der Summe ist er um 30 Prozent gestiegen.
Schuhmann betonte insbesondere die Rolle der Ehrenamtlichen bei der Arbeit der Bahnhofsmissionen. „Auch wenn es Strukturen gibt, die von Hauptamtlichen getragen werden – und die auch finanziert werden müssen -, sind die etwa 350 Ehrenamtlichen die Säulen, auf denen die Arbeit ruht.“
Neben der konkreten Hilfe in Notsituationen leisten die 13 Bahnhofsmissionen in Bayern auch die klassische Unterstützung für Reisende am Bahnhof. Sie sind weiterhin Anlaufstelle für Menschen, die von Obdachlosigkeit bedroht oder betroffen sind, und spielten eine besondere Rolle bei der Betreuung von Flüchtlingen aus den Kriegsgebieten in der Ukraine. „Unsere Stellen geben den Menschen einen geschützten Raum, in dem sie einfach einmal nur da sein können. Gleichzeitig erkennen unsere Mitarbeitenden sehr früh Notlagen und können die Betreffenden schnell an entsprechende Fachstellen weitervermitteln.“
Im 125. Jahr ihres Bestehens seien die Bahnhofsmissionen, so Schuhmann, nicht nur so wichtig wie eh und je, sondern würden „leider weiterhin an Bedeutung gewinnen. Alle Prognosen für die Entwicklung in den kommenden Monaten deuten darauf hin: Die Bahnhofsmissionen werden auch in Zukunft viel zu tun haben.“
In Bayern halten 13 größtenteils ökumenisch getragene Bahnhofsmissionen ihre Türen für Reisende und Menschen in Not offen. 2021 hatten die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden 315.000-mal Kontakt mit Hilfesuchenden – dies ist eine Steigerung um 9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die erste Bahnhofsmission wurde im Herbst 1894 am Berliner Schlesischen Bahnhof (heute Ostbahnhof) gegründet. Ziel war, den in die Stadt zureisenden Frauen und Mädchen Schutz vor Ausbeutung und Missbrauch zu bieten. 1910 wurde die heutige "Konferenz für Kirchliche Bahnhofsmission in Deutschland" (KKBM), der ältesten ökumenischen Arbeitsgemeinschaft auf dem Gebiet der offenen diakonischen Arbeit, gegründet. Mittlerweile gibt es bundesweit über 100 Bahnhofsmissionen in ökumenischer Trägerschaft.