Nürnberg, 6. Oktober 2020 Mit einem deutlichen Appell haben sich die Diakonie Bayern und der Fachverband Evangelische Wohnungsnotfallhilfe an die Politik gewandt: „Es ist viel geschehen – die Wohnungsnotfallhilfe muss jedoch weiterhin gesichert und ausgebaut werden“, so die zuständige Vorständin, Sandra Schuhmann der Diakonie Bayern am Rande des Verbandsfachtages, der heute gleichzeitig digital und in Nürnberg stattfindet. Im Rahmen des Aktionsplans „Hilfe bei Obdachlosigkeit“ der bayerischen Staatsregierung habe man schwerpunktmäßig Präventionsstellen zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit und aufsuchende Sozialarbeit in Obdachlosenunterkünften ausbauen können. Es müsse aber noch mehr geschehen, so Schumann.
Dass die Unterkünfte für wohnungslose Menschen bislang kaum von Corona betroffen seien, zeige, dass die Verantwortlichen hier einen guten Job machen würden, so Schuhmann, und dass die Hygieneschutzkonzepte greifen würden. „Allerdings: Die kalte Jahreszeit wird für eine zusätzliche Nachfrage sorgen – wir sehen hier einen erhöhten Bedarf an Unterbringungs- - und Aufenthaltsmöglichkeiten auch entsprechend den Infektionsschutzmaßnahmen auf die Einrichtungen zukommen.“
Um zu verhindern, dass die Notunterkünfte zu dauerhaften Unterkünften werden, fordert die Diakonie den Ausbau von bezahlbarem Wohnraum. Schuhmann: „Der Bund, das Land, die Kommunen und Gemeinden müssen den sozialen Wohnungsbau stärker in den Blick nehmen und entsprechende Anreize dafür schaffen und einen Zugang z. B. durch Belegungsrechte erschließen.“
Der Vorsitzende des Fachverbandes, Andreas Kurz. ergänzt: „Die Diakonie selbst leistet hier einen Beitrag und schafft in dem ihr möglichen Rahmen zusätzlichen Wohnraum.“ Als Beispiel nannte Kurz das Diakonische Werk Rosenheim, die Stadtmission in Nürnberg sowie Herzogsägmühle.
Um dem wachsenden Problem der Wohnungsnot und der drohenden Wohnungslosigkeit angemessen begegnen zu können, fordern die Diakonie und ihr Fachverband bayernweit ein strukturell und fachlich ausgebautes Hilfesystem der Wohnungsnotfallhilfe mit auskömmlichen Rahmenbedingungen. Der Aktionsplan „Hilfe bei Obdachlosigkeit“ des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales sei, so Kurz, dabei ein wichtiges Instrument. Dank der bereitgestellten, staatlichen Mittel hätten einige strukturelle Lücken im Rahmen einer Anschubfinanzierung geschlossen werden können. Vorständin Schuhmann: „Allerdings werden weiterhin dringend Mittel im Doppelhaushalt 2021/2022 für weitere wirksamen Modellprojekte als Anschubfinanzierung benötigt, die dann in eine Regelfinanzierung durch die kreisfreie Stadt bzw. den Landkreis überführt werden können.“ Ziel muss es sein, hier ein bayernweit flächendeckendes Hilfesystem an Fachstellen der Wohnungsnotfallhilfe dauerhaft zu schaffen.
In Bayern leben offiziellen Angaben aus dem Jahr 2017 zufolge mehr als 15.500 Menschen ohne eigene Wohnung; Zusätzlich geht man von einer deutlich höheren Anzahl an Personen in verdeckter Wohnungslosigkeit aus, die in prekären Wohnverhältnissen leben und beispielsweise bei Bekannten oder Freunden unterkommen. Aktuellere amtliche Zahlen von Menschen in Wohnungsnot gibt es bislang nicht, erst im Jahr 2022 soll es eine bundesweit einheitliche Wohnungslosenstatistik geben.
Der Fachverband Evangelische Wohnungsnotfallhilfe und Straffälligenhilfe (FEWS) ist ein Zusammenschluss von diakonischen Trägern der Wohnungsnotfallhilfe und Straffälligenhilfe. Er greift sozialpolitische Themen und spezifische Fragenstellungen auf und nimmt dazu Stellung. Der Fachverband der Diakonie in Bayern vertritt 33 Mitgliedseinrichtungen mit über 100 verschiedenen Angeboten mit Unterstützungsleistungen für Menschen in drohender bzw. akuter Wohnungslosigkeit in Bayern.