„Das soziale Netz in Bayern bleibt leider löchrig.“

Diakonie Bayern zum Sozialbericht der Bayerischen Staatsregierung

Nürnberg, 5. Juli 2022 „So erfreulich viele Erkenntnisse im fünften Bericht zur sozialen Lage in Bayern sind – er zeigt auch, wo das soziale Netz in Bayern weiterhin löchrig ist“, so Sabine Weingärtner, Präsidentin der Diakonie Bayern in einer ersten Reaktion auf den heute vorgestellten Bericht. So sei Bayern zwar das reichste Bundesland in Deutschland und habe die höchste Beschäftigungsquote. „Gleichzeitig sind aber unverändert viele Menschen von Armut bedroht oder betroffen.“

Im bundesweiten Vergleich schneide Bayern tatsächlich in vielen Bereichen sehr gut ab, und das müsse auch anerkannt werden. Ausdrücklich begrüßte etwa Weingärtner die Förderzusage für den Ausbau der Ganztagsbetreuung für Grundschüler bis 2029. Das sei ein wichtiges familienpolitisches Signal.

„Allerdings: So reich etwa die Menschen in Bayern sind – die Erwerbsquote von Menschen über 70 Jahren hat sich seit 2005 verdoppelt.“ Sie werte dies als Zeichen für ein gestiegenes Armutsrisiko älterer Menschen – auch wenn sich die Zahl der Empfänger und Empfängerinnen von SGB-II-Leistungen im Rentenalter in den vergangenen Jahren laut Bericht nicht verändert habe. „Es gibt nach wie vor einen hohen Anteil der sogenannten ‚versteckten Armut‘, also jener Personen, die aus Scham oder Unwissenheit keine Leistungen in Anspruch nehmen.“

Auch die Armutsgefährdungsquote junger Menschen zwischen 18 und 25 Jahren ist dem Bericht zufolge in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen – von 14,9 Prozent im Jahr 2005 auf 17,9 Prozent im Jahr 2019. „Und mehr als jedes zehnte Kind in Bayern ist von Armut bedroht – eine Quote, die in den vergangenen Jahren ebenfalls wieder gestiegen ist.“ Der Verweis, dass diese Zahl im Bundesvergleich niedrig sei, helfe den betroffenen Menschen dabei wenig.

Bayern habe, so die Diakoniepräsidentin, in den vergangenen Jahren einige Anstrengungen im Wohnungsbau unternommen und mit dem Aktionsplan „Hilfe bei Obdachlosigkeit“ und der Gründung der Stiftung „Obdachlosenhilfe Bayern“ erste Maßnahmen auf den Weg gebracht, um Menschen zu unterstützen, die von Wohnungslosigkeit bedroht oder betroffen sind. „Aber auch hier sind weitere Anstrengungen notwendig,“ sagte Weingärtner. Dies auch deswegen, weil die Zahl der Betroffenen trotz allem nicht gesunken, sondern gestiegen ist – von 231 auf 241 Personen in kommunaler Unterbringung pro 100.000 Einwohnern bzw. Einwohnerinnen. Wie kritisch die Situation auf dem bayerischen Wohnungsmarkt sei, belege der Bericht ebenfalls: Mehr als jeder bzw. jede Vierte in Bayern bewerte die finanzielle Belastung als „zu hoch“.

Weingärtner: „Für mich zeigt das: Bayern ist in vielen Bereichen vorbildlich und auf einem guten Weg. Es bleibt aber noch viel zu tun – und der Verweis auf schlechtere Zahlen in anderen Bundesländern ist hier noch keine Lösung.“

 

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Daniel Wagner Pressesprecher