Nürnberg, 27. Februar 2023 Drei Jahre nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts legt die Diakonie Bayern nun ein Positionspapier zum assistierten Suizid vor. „Auch wenn die juristische Ausgestaltung nach wie vor aussteht, müssen sich unsere Träger und Einrichtungen und insbesondere ihre Mitarbeitenden mit diesem Thema auseinandersetzen“, so Sabine Weingärtner, Präsidentin der Diakonie Bayern, bei der Vorstellung des Textes. „Egal, welche gesetzliche Lösung am Ende der Debatte steht: Angebote zum Leben müssen immer Vorrang haben.“
„Wir werden jene Menschen nicht alleine lassen, die sich für einen solchen Weg entscheiden möchten – auch wenn dieser letztlich nicht dem diakonischen Werteverständnis entspricht“, betont Sandra Schuhmann, im Vorstand der Diakonie Bayern unter anderem verantwortlich für die Bereiche Altenhilfe und Pflege. Denn die Beweggründe eines Menschen, sich für einen Suizid zu entscheiden, entzieht sich dem Positionspapier zufolge der Bewertung Dritter. „Auch die Diakonie kann eine so höchstpersönliche Entscheidung nicht bewerten und will sie erst recht nicht verurteilen“, so Schuhmann.
Der Diakonie Bayern zufolge könne es darum auch keine allgemeine Antwort auf die Frage geben, wie sich diakonische Träger und ihre Einrichtungen zu verhalten hätten, wenn eine Bewohnerin oder ein Bewohner einen derartigen Sterbewunsch äußert. Die Frage, wie eine Einrichtung das individuelle Selbstbestimmungsrecht einerseits und die Haltung der Diakonie, zum Leben zu beraten, ausbalanciert, muss darum jeweils vor Ort getroffen werden“, heißt es in dem Papier. Nach Ansicht der Diakonie muss es jedoch Leitplanken geben, innerhalb derer diakonische Einrichtungen handeln könnten. „Damit“, so Diakoniepräsidentin Weingärtner, „ist weniger eine juristische Regelung als vielmehr der Rahmen gemeint, der sich aus der Haltung der Diakonie ergibt, zum Leben beraten zu wollen.“
Aus Sicht des Landesverbandes ist ein striktes „Nein“ dabei ebenso undenkbar wie eine aktive Förderung einer assistierten Selbsttötung in diakonischen Einrichtungen. Die Mitglieder der Diakonie fordert der Landesverband in seinem Papier darum auf, Diskussionsräume zu eröffnen, damit „Mitarbeitenden aller Ebenen im gemeinsamen Diskurs eine Haltung dazu entwickeln können, welche Praxis mit diakonischen Grundpositionen vereinbar sind.“ Auch weil das entsprechende Gesetzgebungsverfahren erst am Anfang steht, müssten einmal gefundene Positionen auch immer wieder überprüft und gegebenenfalls neu formuliert werden.
Klare Erwartungen hat die Diakonie Bayern an den Gesetzgeber: So bedürfe es gegebenenfalls einer fundierten und hochqualifizierten Beratung. Eine klare Absage erteilt die Diakonie einer Suizidassistenz durch Laien: „Beihilfe zur Selbsttötung darf, so sie denn stattfindet, einzig durch entsprechend ausgebildetes Fachpersonal geleistet werden.“
Diakoniepräsidentin Weingärtner betonte allerdings: „Ohne den Ausbau der Suizidprävention – in Form eines entsprechenden Gesetzes – ist eine Regelung zum assistierten Suizid für die Diakonie nicht denkbar. Angebote zum Leben müssen auch staatlicherseits immer Vorrang haben vor jenen zum Sterben.“