„So ist das nicht unser Gesetz!“

Diakonie Bayern fordert umfangreiche Nachbesserungen beim Bundesteilhabegesetz

Nürnberg, 24. Juli 2016 Mangelnde Teilhabemöglichkeiten – ungerecht – bürokratisch: Die Diakonie in Bayern hat einiges am geplanten Bundesteilhabegesetz zu kritisieren. Anlässlich des 150sten Jubiläums der Polsinger Heime (Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen) würdigte Michael Bammessel, Präsident der Diakonie Bayern, die Hilfe für Menschen mit Behinderung. „Vor 150 Jahren war eine Einrichtung wie diese in Polsingen eine Pionierleistung.“ Die Behindertenhilfe habe sich seitdem kontinuierlich weiterentwickelt. Für den nächsten geplanten Schritt, das Bundesteilhabegesetz, fand Bammessel jedoch deutliche Worte. Es sei ein Gesetz angekündigt gewesen, das die Teilhabe von Menschen mit Behinderung am gesellschaftlichen Leben wesentlich verbessern sollte: „Herausgekommen ist an vielen Stellen leider das Gegenteil.“ In dieser Form sei dies, so Bammessel, „nicht unser Gesetz.“

Die Kritik der Diakonie Bayern entzündet sich unter anderem an der Frage, wer überhaupt Leistungen nach dem geplanten Gesetz erhalten soll. Laut Entwurf soll von den Leistungen profitieren, wer in mindestens fünf von neun definierten Lebensbereichen Unterstützung benötigt. Bammessel: „Was aber, wenn jemand nicht in fünf, sondern nur in vier Bereichen in erheblichem Umfang Hilfe benötigt /typo3/? Bekommt dieser Mensch dann keine Hilfe?“ Bammessel äußerte außerdem die Befürchtung, dass ganze Gruppen von Menschen mit einer Behinderung gar keine Leistungen mehr aus dem neuen Gesetz erhielten. Dies gelte etwa für Menschen mit einer seelischen Erkrankung, die nur in einem oder zwei der definierten Lebensbereiche Hilfe benötigen: "Sollen ihnen künftig Hilfeleistungen entzogen werden, weil sie angeblich nicht mehr behindert genug sind?“.

Als weiteres Beispiel nannte Bammessel die Assistenz für Menschen mit einer Hör- oder Sprachbehinderung: „Ihnen steht eine Assistenz zu – aber nur zu besonderen Anlässen.“ Leider aber lasse der Entwurf völlig offen, was ein besonderer Anlass sei. „Gilt das für einen Gottesdienst? Für den Besuch einer Kneipe mit Freunden?“ Auch hier sehe die Diakonie erheblichen Nachbesserungsbedarf. Bammessel forderte insbesondere die bayerischen Bundestagsabgeordneten auf, sich für eine Überarbeitung des Entwurfes einzusetzen, der nach der Sommerpause im Bundestag beraten werden soll. Sein Appell: „Lassen Sie nicht zu, dass dieses Gesetz für viele Betroffenen zu einer Verschlimmbesserung ihrer Situation führt.“

Die Polsinger Heime der Diakonie Neuendettelsau, begehen mit einem Festakt am 24. Juli ihr 150-jähriges Jubiläum. Die Einrichtung für Menschen mit Behinderung ist damit eine der ältesten Einrichtungen der bayerischen Diakonie. Hier leben über 300 Menschen mit einer Behinderung in Wohngruppen und stationären Einrichtungen.

 


 

 

Ihr Kontakt

Daniel Wagner Pressesprecher