Nürnberg, 06.04.2016 Mit Kritik hat die Diakonie in Bayern auf das geplante Integrationsgesetz der bayerischen Staatsregierung reagiert. „Der Gesetzesentwurf benennt Unterstützungsleistungen des Staates für die Integration, aber auch Forderungen an die Zugewanderten und das ist zunächst berechtigt“, sagte der Präsident der Diakonie Bayern, Michael Bammessel. Die an sich sinnvolle Kombination des Förderns und Forderns sei in dem vorliegenden Gesetzesentwurf jedoch nicht ausgewogen. „Der aktuelle Entwurf scheint mehr auf die Disziplinierung von Ausländerinnen und Ausländern als auf deren Integration zu zielen.“ Teilweise, so Bammessel, verletze der Entwurf selbst jene freiheitlich-demokratische Grundordnung, deren Einhaltung er einfordere.
So sieht der Entwurf beispielsweise vor, den freien Zugang zu öffentlichen Einrichtungen für bestimmte Ausländergruppen präventiv von einer Belehrung abhängig gemacht werden. „Da diese Einschränkung nicht von einer Verletzung der Hausordnung abhängig gemacht wird, sondern eine nicht klar definierten Vor-Ort-Auswahl von Besuchern mit ausländischem Aussehen ermöglicht, wird hier der willkürlichen Diskriminierung Tür und Tor geöffnet.“ Ein klarer Widerspruch zu jener „Leitkultur“, deren Achtung der Gesetzesentwurf von den Betroffenen einfordert, so Bammessel.
Als weitaus gravierender bewertet die Diakonie im Freistaat die geplante Aussetzung der Schulpflicht für einen Teil der Asylbewerberkinder. Die Schulpflicht soll in den Erstaufnahmeeinrichtungen über die bislang geltende Wartezeit von drei Monaten ausgesetzt werden. „Viele Kinder haben durch ihre Flucht bereits monatelang keine Schule mehr gesehen. Es ist mit dem Kindeswohl unvereinbar, sie nun per Gesetz noch länger von der Schule fernzuhalten. In Bayern hat jedes Kind ein Recht auf Bildung und damit auch auf eine Perspektive - unabhängig davon, wo dieses Kind eines Tages leben wird“, betonte Bammessel. „Bayern würde mit diesem Gesetz gegen die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen und damit sogar völkerrechtswidrig handeln.“
Kritisch bewertet die Diakonie auch die geplante Kindergartenpflicht für Kinder, die bei Schulreife nicht genügend Deutsch sprechen. Laut Gesetzentwurf ist vorgesehen, dass Grundschulen Kinder verpflichten können, eine Kindertageseinrichtung zu besuchen, wenn die Sprachkenntnisse der betroffenen Kinder für einen erfolgreichen Schulbesuch nicht ausreichen. Dabei ist weder eine Einbeziehung der Kommune noch der Kindertagesstätten vorgesehen, die ja die erforderlichen Plätze und das Erziehungspersonal für diese Kinder bereitstellen müssen, „Hier sollen Kindertageseinrichtung sprachliche Kompetenz in einem Umfang vermitteln, wie es im Alltag kaum leistbar ist“, so Bammessel. Verschärfend komme hinzu, dass den Einrichtungen aber die Betriebserlaubnis entzogen werden kann, wenn sie den Empfehlungen der Grundschule nicht folgen können oder wollen. Auch die Eltern können in diesem Fall mit einem Bußgeld belegt werden.
Der Entwurf widerspreche in der jetzigen Form den Grundlagen bayerischer Erziehungs- und Bildungspolitik, wie etwa den Bayerischen Bildungsleitlinien sowie dem bayerischen Bildungs- und Erziehungsplan.
Bammessel: „Das Integrationsgesetz muss an diesen Punkten dringend überarbeitet werden, um seinem Namen gerecht zu werden.“ Generell bewertete Bammessel jedoch die Bereitschaft des Freistaates positiv, sich auch zukünftig verstärkt für die Integration von Flüchtlingen einzusetzen. „Wir begrüßen ausdrücklich, dass die staatliche Unterstützung der Migrationsberatung nun auch gesetzlich verankert werden soll.“ Auch die Angebote der Jugendmigrationsdienste und der Jugendsozialarbeit sollten entsprechend abgesichert werden. Der Entwurf eines bayerischen Integrationsgesetzes ist Ende Februar 2016 im bayerischen Kabinett beschlossen worden und befindet sich derzeit in der Verbandsanhörung.