Psychisch krank heißt nicht gleich kriminell.

Diakonie Bayern lehnt Entwurf zum Psychisch-Kranken-Hilfegesetz ab.

Nürnberg, 18. April 2018 Kritisch hat auch die bayerische Diakonie auf den Entwurf zum Psychisch-Kranken-Hilfegesetz (PsychKHG) reagiert, dessen erste Lesung auf der Tagesordnung der heutigen Landtagssitzung steht. „Menschen mit einer psychischen Erkrankung sollten entstigmatisiert werden. Der jetzige Entwurf bewirkt das Gegenteil: Psychische Erkrankungen werden primär als Gefährdung der öffentlichen Sicherheit verstanden,“ so Sandra Schuhmann, zuständige Fachvorständin im Diakonischen Werk Bayern. „Wo Vertrauen geschaffen werden sollte, wird Angst geschürt.“

Statt Maßnahmen der psychiatrischen Versorgung und die Prävention zu fördern, schüre der Gesetzentwurf die Angst vor einer „wegsperrenden Psychiatrie“. Schuhmann: „Nach wie vor hat Bayern die höchste Zahl an Unterbringungen - landläufig ‚Einweisungen‘ genannt. Der Gesetzentwurf hat es leider nicht geschafft, den Schutzaspekt mit dem Hilfeaspekt zu verbinden.“ Dabei sei dies gerade in Krisensituationen besonders wichtig.

Deutlich wird dies Schuhmann zufolge bei sofortigen vorläufigen Unterbringungen, die in der Regel durch die Polizei geschehen. Hier ist auch zukünftig die Hinzuziehung des Krisendienstes nicht notwendig. „Dabei ist dessen Aufgabe ja gerade, die Situation angemessen einzuschätzen und zu bewerten, deeskalierend auf die Beteiligten einzuwirken, und so eine Unterbringung möglicherweise zu verhindern.“ Das laut Gesetzentwurf geplante bayernweite flächendeckende Krisendienstnetzwerk werde damit ad absurdum geführt. „Im Gesetz hätte wenigstens geregelt werden können, dass der Krisendienst ‚nach Möglichkeit‘ hinzugezogen wird. Nicht einmal das ist der Fall.“ Die Zahl der Unterbringungen - die in Bayern im Bundesvergleich am häufigsten vorkommen - werden so kaum reduziert werden können. "Dies schafft kein Vertrauen - weder beim Bürger noch beim Betroffenen.“ Darüber könne auch die angekündigte regelmäßige „bayerische Psychiatrieberichterstattung“ hinwegtäuschen.

Besonders problematisch ist Schuhmann zufolge der häufige Verweis auf das Maßregelvollzugsgesetz: „Es gibt einen klaren Unterschied zwischen straffällig gewordenen Menschen mit einer psychischen Erkrankung und psychisch Kranken in einer Krisensituation.“ Während Straffällige im Maßregelvollzug untergebracht werden, greift bei Menschen in einer Krisensituation die sogenannte „öffentlich-rechtliche“ Unterbringung, etwa in einer Klinik. Schuhmann: „Das Gesetz vermittelt durch den ständigen Verweis auf den Maßregelvollzug den Eindruck, als sei jeder Mensch mit einer psychischen Erkrankung gefährlich und gehöre weggesperrt. Das ist natürlich falsch.“

Dem Beharren des Gesetzgebers, auch Einrichtungen der Diakonie und anderer Verbände der Wohlfahrtspflege für die öffentlich-rechtliche Unterbringung zu nutzen, erteilte Schuhmann eine Absage. „Die Versorgung der Betroffenen benötigt eine sehr spezifische personelle als auch räumliche Ausstattung, die nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden kann. Hier sind weiterhin die Kliniken gefragt.“

Schuhmann zufolge trage das Gesetz zwar den Begriff ‚Hilfe‘ im Namen, löse dies Versprechen jedoch nicht ein. „Ein Hilfe-Gesetz sollte den Betroffenen tatsächlich helfen und sie nicht ausgrenzen. Es bleibt darum weit hinter unseren Erwartungen zurück.“