Daran hat auch das vor Jahresfrist von der Politik ausgerufene „Jahr der Pflege“ mit dem „Megathema Pflege“ nichts geändert. Der FEA wolle von der Politik „wissen, wann die Pflege in der Politik nicht nur Gehör findet, sondern die Politik spürbare Veränderungen für die Praxis der Pflegenden beschließt“, machte deshalb Angelika Pfab, 2. Vorsitzende des FEA, schon zu Beginn der Protestveranstaltung unter tosendem Applaus unmissverständlich klar.
Die Probleme beginnen schon mit den Pflegesätzen, die seit der Einführung der Pflegeversicherung im Jahr 1995 gleichgeblieben sind. „Inzwischen sind unter anderem Energiekosten und Sachkosten gestiegen und die Mehrwertsteuer wurde zweimal erhöht“, zog Günter Beucker, Vorsitzender des FEA, eine vernichtende Bilanz. „Wie sollen das die Träger kompensieren?“ Kein Handwerksbetrieb könne zu den Konditionen von 1995 arbeiten. Laut Andrea Koydl, Leiterin des Kompetenzzentrums der Diakonie Neuendettelsau im Tillypark, Nürnberg, bringen auch die jüngsten gesetzlichen Veränderungen in der Versorgung Demenzkranker „gar nichts“. Die zusätzlich gewährte Betreuungszeit für solche Patienten sei verschwindend gering. „Es ist klar, dass das zu wenig ist“, verteidigte sich Brigitte Meyer. „Aber eine Milliarde zusätzlich für die Betreuung Demenzkranker ist zumindest ein erster Schritt.“
Der Fachverband Evangelische Altenhilfe tritt für eine bedürfnis- und nicht zeitorientierte Pflegevergütung ein, die sich am zu pflegenden Menschen orientiert. „Eine gesundheitliche Verbesserung durch gute und aktivierende Pflege wird im Augenblick nicht belohnt, sondern bestraft“, erklärte Beucker. Denn eine Verbesserung für die Pflegebedürftigen gehe mit einer Rückstufung von deren Pflegestufe einher. Dabei ist aktivierende Pflege zwar relativ personalaufwendig, aber auf Dauer kostensparend und führt zu mehr Lebensqualität für die Betroffenen und ihr Umfeld.
Neben der schlechten Bezahlung der Pflegekräfte mit durchschnittlich 2000 bis 2500 Euro brutto ist auch die immer noch schulgeldpflichtige Ausbildung ein Problem, das den dringend notwendigen Nachwuchs davon abhält, einen Pflegeberuf zu ergreifen.
In diesem Punkt konnte Hermann Imhof ein optimistisches Signal setzen. Noch während des Jahres 2012 würden die Weichen in Richtung einer „generalisierten“ und für die SchülerInnen kostenfreien Ausbildung gestellt. Daran würden der Freistaat Bayern und weitere Bundesländer arbeiten.
Doch was die dringend notwendige Neudefinition des Pflegebedürftigkeitsbegriffs angeht, sieht Imhof „frühestens 2014“ ein Ergebnis inklusive gesetzlicher Umsetzung. Dennoch machte er den Protestierenden Mut: „Es ist wichtig, dass sie ein Zeichen setzen. Nur dann bewegen wir uns.“ Und Meyer versicherte, dass die Vorschläge der Verbände und ihrer Träger zum Bürokratieabbau im kommenden Pflegereformgesetz berücksichtigt würden.
Ob dieser Optimismus berechtigt ist, werden die nächsten beiden Jahre zeigen. Für die Zwischenzeit riet Imhof zu weiterem „zivilen Ungehorsam“: „Sie müssen alle Aktionsträger mit diesen Problemen konfrontieren. Dann bin ich zuversichtlich, dass die Stagnation im Pflegebereich ein Ende findet.“ Dabei will der Abgeordnete sogar mitmachen. Wenn man ihn rechtzeitig informiere, sei er bei der nächsten Demonstration in Berlin dabei.