Eine Wohnung ist die Grundlage für vieles: essen, schlafen, Wetterschutz, Lagerraum genauso wie Erholung, Privatheit, Intimität. Eine Wohnung zu haben, ist essentiell für ein erfülltes Leben in dieser Gesellschaft. Doch immer mehr Menschen können sich keine Wohnung mehr leisten. Sie leben auf der Straße, in Notunterkünften oder in der ständigen Gefahr, ihre Wohnung zu verlieren. Deutschlandweit hat die Zahl der von Wohnungslosigkeit betroffenen Menschen seit 2010 erstmals wieder zugenommen. Laut Evangelischer Obdachlosenhilfe haben zur Zeit rund 250.000 keine Wohnung – Tendenz weiter steigend. In München müssen derzeit fast 3.000 Menschen in Notunterkünften und Pensionen wohnen, rund 550 leben nach Schätzungen des Wohnungsamts auf der Straße. Hauptgrund für diesen Missstand ist der Jahr für Jahr größer werdende Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Ursachen dafür sind unter anderem die Probleme im sozialen Wohnungsbau und die Flucht vieler Kapitalanleger in teure Immobilien sowie steigende Energiekosten und auf die Miete umgelegte Maßnahmen zur energetischen Gebäudesanierung. Diese Entwicklung geht Hand in Hand mit sinkender Kaufkraft und der starken Zunahme schlecht bezahlter Arbeit.
Der Kongress der EvO in Nürnberg beschäftigt sich mit sozial- und wohnungspolitischen Maßnahmen, die notwendig wären, damit auch Benachteiligte ihr Recht auf Wohnen am Wohnungsmarkt realisieren können. Thema sind auch Konzepte sozialpädagogischen Handelns, die Wohnungslosen den Zugang zum Wohnungsmarkt eröffnen sollen. Eine wichtige Rolle spielen in diesem Zusammenhang Wohnformen wie Gemeinschaftswohnen, Wohnen auf Probe oder Stufenwohnen. Als weiterer Schwerpunkt des Kongresses wird der Ansatz „Housing First“ diskutiert. Demnach dürfen Wohnungslose sofort eine eigene Wohnung beziehen und müssen sich nicht erst durch das erfolgreiche Durchlaufen verschiedener Unterbringungsformen für eine eigene Wohnung „qualifizieren“. Auch Drogen- oder Alkoholabstinenz ist keine Grundbedingung, genauso wenig die Teilnahme an sozialpädagogischen oder sonstigen Maßnahmen. Grundgedanke des Ansatzes ist, dass Obdachlose vor allem anderen eine stabile Unterkunft brauchen, bevor sie ihre anderen Probleme angehen.
Am Ende des Kongresses wird traditionell der „verbogene Paragraph“ an einen Sozialleistungsträger mit kritikwürdiger Rechtsvollzugspraxis verliehen. Die etwa 50 Zentimeter hohe Metallskulptur besteht aus einem Männchen, das mit Energie ein Paragrafensymbol verbiegt.
Weitere Informationen sowie das Kongressprogramm finden sich unter: www.evangelische-obdachlosenhilfe.de