Keine Abschiebung von Schwangeren und Frauen mit Säuglingen

Nach Besuch im Bamberger Rückführungszentrum

Nürnberg/Bayreuth 12.02.2016 Anerkennung für die in den vergangenen Monaten geleistete Arbeit, aber auch deutliche Kritik am Ankunfts- und Rückführungszentrum Bamberg (ARE): Das ist die Bilanz eines gemeinsamen Besuches von Oberfrankens Regionalbischöfin Dr. Dorothea Greiner und Diakoniepräsident Michael Bammessel in der oberfränkischen Einrichtung. „Es ist in der Aufbauphase Beachtliches geleistet worden. Nun müssen die nach wie vor deutlich sichtbaren Defizite abgebaut werden.“ Beide betonten drei Punkte: die bislang fehlende Sozialberatung, die zu dichte Belegung und den Umgang mit hochschwangeren Frauen sowie Familien mit Säuglingen unter sechs Monaten.

 

Nach Ansicht von Greiner und Bammessel sollten diese grundsätzlich von der Abschiebung und damit von der Einweisung in die ARE ausgenommen werden. „Das Zentrum ist nicht der angemessene Aufenthaltsort für Frauen, die drei Monate oder weniger vor der Entbindung stehen. Auch Mütter mit Babys unter sechs Monaten gehören nicht in die ARE. Sie dürfen erst gar nicht dorthin verlegt werden. Ihre Abschiebung ist humanitär unseres Erachtens nach nicht vertretbar.“

 

Ihre Eindrücke schilderten Greiner und Bammessel nach dem mehrstündigen Besuch in der ARE, in der momentan etwa 1.200 Personen auf die Entscheidung über ihren Asylantrag oder ihre Abschiebung warten: „Es gibt in den Wohnungen keinerlei Möglichkeit zu kochen oder Babynahrung zu erwärmen – die Versorgung mit Nahrungsmitteln findet einzig über die Kantine statt.“ Zudem stehen jeder Person in der ARE weniger als fünf Quadratmeter zur Verfügung. Greiner: „In den Wohnungen, die ja für Armeeangehörige der US-Streitkräfte gebaut wurden, aber nun weitaus dichter belegt sind, stehen selbst im Eingangsbereich Betten.“ Ein Rückzug, gerade für Mütter mit Kleinstkindern wichtig, sei da kaum möglich. Bei einem weiteren Ausbau der Einrichtung sei darum auch an entsprechende Sozialräume zu denken. Denn immerhin betrage die Verweildauer in der ARE im Einzelfall auch mehrere Monate.

 

Bammessel: „Die Beschleunigung der Verfahren ist durchaus im Interesse der Menschen – der Aufenthalt in der ARE sollte jedoch in allen Bereichen humanitären Standards entsprechen.“

 

Kritisch äußerten sich Diakoniepräsident und Regionalbischöfin auch über die nach wie vor fehlende Sozialberatung in der ARE. Greiner: „Wir halten angesichts der jetzigen Belegung mindestens fünf qualifizierte Stellen für niederschwellige Beratungsangebote für unbedingt notwendig – nicht zuletzt, um ihre freiwillige Rückkehr zu unterstützen.“ Dies entspräche einem Betreuungsschlüssel von etwas über 1:300; er läge damit deutlich unter dem Schlüssel etwa für Erstaufnahmeeinrichtungen. Die drei Bamberger Wohlfahrtsverbände Diakonie, Caritas und AWO seien bereit, die Trägerschaft zu übernehmen, können dies aber nur mithilfe einer ausreichenden Finanzierung aus Projektmitteln des Freistaates leisten.

 

Die auf dem früheren US-Gelände in Bamberg entstandene Ankunfts- und Rückführungseinrichtung (ARE) für Asylbewerber mit geringer Bleibewahrscheinlichkeit – hauptsächlich aus den Balkanstaaten – wurde im September 2015 eröffnet. In der letzten Ausbaustufe sollen hier bis zu 4.500 Asylbewerber und Asylbewerberinnen untergebracht werden.