Gesundheitskarte für Flüchtlinge auch in Bayern

Diakonie Bayern zu den Ergebnissen des Asylgipfels

Nürnberg, 25.9.2015 „Wenn Flüchtlinge medizinische Hilfe benötigen, muss das schnell und unkompliziert gehen – bislang ist das leider nicht so.“ Denn, so der Präsident der Diakonie Bayern, Michael Bammessel: „Wer als Flüchtling in Deutschland lebt und erkrankt, kann eben nicht einfach zum Arzt gehen.“ Dies muss erst einmal beim Sozialamt beantragt und auch bewilligt werden – ein Verfahren, das insbesondere bei akuten Erkrankungen an Grenzen stößt und zudem einen immensen Verwaltungsaufwand für eine ohnehin belastete Behörde bedeutet. Nach dem Willen der Bundesregierung soll dies zukünftig anders werden: Die Länder können die Gesundheitskarte für Flüchtlinge einführen – sie erhalten dann vom ersten Tag an eine medizinische Grundversorgung ohne den Umweg über das Sozialamt.

Die Diakonie in Bayern begrüßte darum dieses Ergebnis des gestrigen Asylgipfels und forderte gleichzeitig die Bayerische Staatsregierung auf, es Bremen, Hamburg und NRW gleichzutun. Bammessel: „Der Freistaat sollte über seinen Schatten springen – auch im eigenen Interesse.“ Denn in Hamburg, wo es die Gesundheitskarte für Flüchtlinge bereits seit längerem gibt, sparen die Behörden Geld für Personal  und teure Software: 1.6 Millionen Euro allein in 2014, und das bei steigenden Asylbewerberzahlen. Die Kassen rechnen bei diesem Modell direkt mit den Landkreisen und Kommunen ab.

Zurückhaltend äußerte sich Bammessel hingegen über die geplante Verlängerung der Aufenthaltsdauer in Erstaufnahmeeinrichtungen auf bis zu sechs Monaten: „Dies mag angesichts mangelnder Unterbringungsmöglichkeiten in anderen Einrichtungen als Notlösung gedacht sein. Im Interesse der Kinder, insbesondere der schulpflichtigen, sollte davon aber nur in absoluten Ausnahmesituationen Gebrauch gemacht werden.“

Ausdrücklich begrüßte Bammessel die angekündigten Mittel für den sozialen Wohnungsbau sowie die Unterstützung der Länder beim Ausbau der Kinderbetreuung und der Familienpolitik durch Gelder, die ursprünglich für das Betreuungsgeld vorgesehen waren. „Insbesondere die Verbesserung des sozialen Wohnungsbaus ist eine alte Forderung der Diakonie.“ Bammessel wies jedoch auch darauf hin, dass die angespannte Lage am Wohnungsmarkt nicht durch die zahlreichen Flüchtlinge und Asylbewerber verursacht würde. „Es gibt zahlreiche Bevölkerungsgruppen, die schon seit langem Schwierigkeiten haben, insbesondere in Ballungsräumen bezahlbaren Wohnraum zu finden, wie etwa Alleinerziehende.“

Die Streichung des Taschengeldes für bestimmte Gruppen von Asylsuchenden in den Erstaufnahmeeinrichtungen lehnt die Diakonie allein schon aus Gründen der Umsetzbarkeit ab. „Das Taschengeld ermöglicht es Flüchtlingen etwa, Bahn zu fahren und nach Hause zu telefonieren. Sollen die ohnehin überlasteten Mitarbeitenden in den Einrichtungen zukünftige Fahrscheine ausstellen und Telefonkarten verkaufen?“ Eine Rückkehr zum Sachleistungsprinzip in Gemeinschaftsunterkünften ab, wie gestern vorgeschlagen, lehnte er nachdrücklich ab. „Erstens sinken die Flüchtlingszahlen durch dieses Instrument nicht, und zweitens halten wir dieses Vorgehen für entwürdigend. Wie übrigens bis vor kurzem ausdrücklich auch das Bayerische Sozialministerium, das deshalb das Sachleistungsprinzip im Freistaat im Jahr 2013 zu Recht abgeschafft hat.“