Tobias Mähner, 2. Vorstand der Diakonie Bayern, ist erleichtert: „Das hätte alles ganz anders kommen können“. Mähner meint die Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom 8. September 2011, wonach ab 2013 die bisherige Praxis in den Bundesländern, Investitionskosten von Pflegeeinrichtungen mit Instandhaltungspauschalen zu berechnen, nicht mehr rechtens ist. Begründung: Nur Kosten für tatsächlich getätigte Investitionen oder wenigstens für solche, die sicher abzusehen seien, dürften auf die Bewohner von Pflegeeinrichtungen umgelegt werden.
Das klingt gut und fair. „Aber in der Praxis hätte ein Abrücken seitens des Staates von einer mittelfristigen Pauschalabgeltung von Investitionsaufwendungen verheerende Folgen“, gibt Mähner zu bedenken. Bis dato wurden Aufwendungen von Heimbetreibern für bauliche Sanierungen, die Erneuerung der Einrichtung oder ähnliche Maßnahmen von staatlicher Seite mit einer Pauschale berechnet. In Bayern war das eine kontinuierliche Festsetzung über fünf Jahre. Daher blieb auch der Investitionskostenbeitrag, den die Bewohner beisteuern müssen, in dieser Zeit konstant. Fiele diese Pauschalierung weg, müssten die Kosten für Sanierungen und ähnliches ad hoc anteilig auf die Bewohner übertragen werden. Für letztere würde sämtliche Planungssicherheit in Sachen Kosten wegfallen. Gäbe es ein Jahr keine Sanierungsmaßnahmen, wäre der Heimaufenthalt zwar günstig, aber Renovierungen und sonstige Maßnahmen würden im Folgejahr sofort massiv auf die Investitionskostenbeiträge der Bewohner durchschlagen. Nicht wenige wären durch den abrupten Kostenanstieg gezwungen, Sozialhilfe zu beantragen. Und für Interessenten an einem Heimplatz würde sämtliche Transparenz und Vergleichbarkeit in Sachen Kosten verloren gehen.
Davon konnten die Wohlfahrtsverbände auch die Verantwortlichen in der Politik überzeugen. Der jetzt verabschiedete Entwurf für eine Gesetzesänderung ermöglicht „ausdrücklich“ eine Pauschalierung. Diese muss in einem angemessenen Verhältnis zu den tatsächlichen Aufwendungen für Instandhaltung und Sanierung stehen. „Für Bewohner wie Betreiber von Pflegeeinrichtungen bedeutet das Planungssicherheit und weniger bürokratischen Aufwand“, sagt Mähner.
Zudem sah das BSG-Urteil eine getrennte Abrechnung von Eigenkapital- und Fremdkapitalzinsen vor. Letztere sollten weiterhin im Rahmen der Investitionskosten in Rechnung gestellt werden dürfen, erstere jedoch künftig Bestandteil der Pflegevergütung sein. Das hätte einen erheblichen bürokratischen Aufwand nach sich gezogen. Die betroffenen Einrichtungen hätten ihre Vergütungen mit den Sozialhilfeträgern und Pflegekassen neu verhandeln müssen. Betroffen wären zudem nur Betreiber von Einrichtungen gewesen, die Eigentümer der entsprechenden Immobilien sind. Betreiber, die ihr Gebäude mieten, hätten ihre Eigenkapitalzinsen weiter über die Miete als Investitionskosten abrechnen können. Auch für Kunden, die sich für einen Heimplatz interessieren, wäre der Kostenvergleich auf diese Weise um einiges komplizierter geworden.
Auch hier hatte das Kabinett ein Einsehen. Die Gesetzesänderung sieht eine einheitliche Behandlung der Kapitalkosten, unabhängig von der Art ihrer Finanzierung, vor. Zinsen für Eigen- und Fremdkapital können weiterhin beide als Investitionskosten abgerechnet werden, müssen aber bei betriebsnotwendigen Maßnahmen entstanden sein.
Sensibilität in Sachen bürokratischer (Mehr-)Aufwand hat die Politik auch in Sachen Belegungsquoten gezeigt. Auch hier soll pauschaliert werden können, damit sich nicht jährlich die Situation ändert. „Allerdings“, moniert Mähner, „steht das nur in der Begründung, nicht im Gesetzestext selbst. Da muss noch nachgebessert werden.“