„Ein attraktiver Beruf braucht kein Kopfgeld“.

Diakonie Bayern skeptisch gegenüber Pflegeprämien

 

Nürnberg, 17. Mai 2018 Zurückhaltend reagiert die Diakonie in Bayern auf den Vorschlag von Andreas Westerfellhaus, das Personalproblem in der Pflege mit Geldprämien von bis zu 5.000 pro Person zu lösen. „Die Versäumnisse der letzten Jahre können nicht mit einer Einmalzahlung ungeschehen gemacht werden“, bewertet Sandra Schuhmann, zuständige Fachvorständin der bayerischen Diakonie, die Vorschläge aus Berlin. „Ein Kopfgeld wird die beiden eigentlichen Probleme - den Personalmangel und die Arbeitsbedingungen - höchstens kurzfristig mildern.“

„Bereits jetzt loben Träger der Altenhilfe Prämien für neue Mitarbeitende aus, die teilweise sogar über dem von Westerfellhaus vorgeschlagenen  Betrag liegen - ohne dauerhaften Erfolg“, so Schuhmann in Nürnberg. Westerfellhaus, Pflegebeauftragter der Bundesregierung, hat Medienberichten zufolge unter anderem vorgeschlagen, ehemalige Pflegekräfte, die in ihren Beruf zurückkehren, mit einer Prämie von 5.000 pro Person Euro zu belohnen. „Auch eine Prämie ändert nichts daran, dass es momentan einfach zu wenige Menschen gibt, die in der Pflege arbeiten oder arbeiten wollen.“ Das Problem müsse Schuhmann zufolge darum anders gelöst werden: „Die Arbeitsbedingungen in der Pflege müssen grundsätzlich verändert werden. Nur so könne man Menschen dafür begeistern, einen Pflegeberuf zu erlernen und ihn auch dauerhaft auszuüben. „Mitarbeitende in der Pflege verlassen nach etwa acht Jahren ihren Beruf. Eine Prämie für Rückkehrer alleine wird daran wenig ändern.“ Notwendig sei vielmehr eine verbesserte Personalausstattung in den Einrichtungen und eine attraktive Bezahlung der Mitarbeitenden. Diese betrieblichen Personalkosten müssen jedoch auf Dauer und nicht auf Rechnung der Pflegebedürftigen refinanziert werden.“

Schuhmann kritisiert zudem, dass offensichtlich die Mitarbeitenden in der ambulanten Pflege nicht von dem Modell profitieren sollen. „Der Fachkräftemangel betrifft schließlich nicht nur die stationäre Pflege, sondern auch die ambulanten Dienste. Auch sie suchen händeringend Mitarbeitende.“ Unklar ist Schuhmann zufolge auch, wie die Mitarbeitenden von dem Vorschlag profitieren könnten, die bereits in den Einrichtungen arbeiten würden. „Wollen wir die Kollegen und Kolleginnen, die bereits in der Pflege arbeiten, frustrieren? Sie sollen doch nicht benachteilig werden, weil sie bereits in diesem Beruf arbeiten." 

Die Mittel, die für die Realisierung von Westerfellhaus’ Vorschlag notwendig sind - über eine halbe Milliarde im ersten und knapp 350 Millionen in den Folgejahren - sollen aus Steuergeldern aufgebracht werden. Schuhmann: „Es wäre sinnvoller, diese Mittel für eine Anschubfinanzierung der neuen betrieblichen Ausbildung in der Generalistik zu nutzen. Bislang müssen in erster Linie die Pflegebedürftigen dafür aufkommen.“ Denn, so Schuhmann: „Wenn wir die Rahmenbedingungen in der Pflege verbessern, braucht es auch keine Prämien.“