Nürnberg, 20. Oktober 2016: Vor einem Rutschbahneffekt bei der Diskussion um Sterbehilfe und den begleiteten Suizid hat der ehemalige Landtagspräsident Alois Glück heute in Nürnberg bei der Mitgliederversammlung der Diakonie Bayern gewarnt. Er sprach sich aber auch dagegen aus, dass die einzige Antworte der Kirchen in dieser Debatte nur Verbote und Sanktionen seien. „Wir müssen die Debatte mitgestalten.“ Die Frage nach dem Umgang mit dem Lebensende sei eine gewaltige Gemeinschaftsaufgabe für die Zukunft.
Glück betonte dabei die besondere Rolle der Kirchen und ihrer Verbände. „Die Kirchen dürfen nicht nur verbieten. Sie müssten vielmehr auch die Diskussion um Hilfen und Alternativen prägen.“ Zwar wollten mehr als sechzig Prozent aller Menschen zuhause sterben – möglich sei es aber nur 25 Prozent aller Sterbenden. Glück: „Politik und Kirchen haben hier eine Bringschuld, den Menschen flächendeckend alle Hilfen der Palliativmedizin zugänglich zu machen.“ Sonst drohe auch in Deutschland eine Entwicklung wie in den Niederlanden, wo mittlerweile die aktive Sterbehilfe auf für alte Menschen ausgedehnt werden soll. Glück: „Die Debatte um lebenswertes und lebensunwertes Leben führt uns auf eine Rutschbahn, von der wir nicht mehr herunterkommen.“ Glück erinnerte an den Nationalsozialismus: „Die Wurzel des Übels war das Menschenbild der Nazis, die Leben in lebenswert und lebensunwert teilten.“
Glück zufolge gibt es keine Krankheit mehr, bei der der Mensch nicht völlig schmerzfrei bleiben kann. „Und weil es so ist, können wir den assistierten Suizid auch rigoros verbieten.“ Alle Untersuchungen würden zeigen, dass Menschen, die palliativ betreut werden, sogar länger leben würden, weil das Leben auch in diesem Abschnitt als lebenswert empfunden werde. „Wir müssen Menschen auf ihrer letzten Wegstrecke eine möglichst würdiges Leben und Sterben ermöglichen.“
Der Umgang mit Sterbenden bezeichnete er als gigantische Gemeinschaftsaufgabe, bei der insbesondere die Politik, letztlich aber die gesamte Gesellschaft gefordert sei: „Wir werden auch zukünftig in jedem Einzelfall darum ringen müssen, wie bestimmte Entwicklungen gestaltet werden können.“ Die wichtigste Orientierung dabei gebe das Grundgesetz: “Der Artikel 1 des Grundgesetztes ist nicht veränderbar. Durch nichts“.
Ein Ausschnitt des Vortrages von Alois Glück bei der Mitgliederversammlung der Diakonie Bayern ist auf der Facebook-Seite der Diakonie Bayern abrufbar: www.facebok.com/DiakonieBayern
Die Mitgliederversammlung der Diakonie Bayern findet einmal im Jahr in der Regel im Herbst statt. Sie besteht aus Vertreterinnen und Vertretern von mehr als 1.300 Mitgliedern, die mehr als 3.000 Einrichtungen mit mehr als 85.000 Mitarbeitenden repräsentieren. Sie entscheidet unter anderem über Satzungsfragen, und wählt mit dem Diakonischen Rat das Aufsichtsgremium des Verbandes, das wiederum über die Besetzung des Vorstandes entscheidet.