Nürnberg 27. Februar 2018. 171 Tage – so lange bleibt nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit eine Stelle in der Pflege im Bundesdurchschnitt unbesetzt. Am Gehalt kann es bei der Diakonie Bayern nicht liegen, stellte Michael Bammessel, Präsident des zweitgrößten bayerischen Wohlfahrtsverbandes mit über 90.000 Mitarbeitenden, bei der heutigen Jahrespressekonferenz in Nürnberg fest: „Das Gehalt einer Pflegedienstleitung kann durchaus mit dem eines KFZ-Meisters mithalten.“
Auch in anderen Arbeitsfeldern wie etwa bei den Erziehern stünde das Gehaltsniveau der „Arbeitsvertragsrichtlinien“ der Diakonie in Bayern – dem bayernweit geltenden Tarifwerk der bayerischen Diakonie – durchaus gut da. Er, Bammessel, wolle jedoch nicht verschweigen, dass gerade in der Altenpflege noch Nachholbedarf bestehe, denn der Durchschnittslohn für Fachkräfte in der Pflege liegt laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung über 500 Euro unter dem durchschnittlichen Bruttomonatslohn in Deutschland; dieser beträgt 3.133 Euro. „Deshalb“, so Bammessel weiter, „begrüßt die Diakonie in Bayern sehr, dass laut Koalitionsvertrag in der Altenhilfe flächendeckende Tarifverträge zur Anwendung kommen sollen. Wir erhoffen uns davon, dass so mancher Billiganbieter in der Pflege, der durch Einsparungen bei den Lohnkosten Rendite erwirtschaftet, gezwungen wird, die Löhne auf ein angemessenes Niveau zu heben.“
Fachvorständin Sandra Schuhmann forderte darum eine “konzertierte Aktion Pflege“: „Die Leistungen der Pflegeversicherung und die Rahmenbedingungen der Finanzierung müssen endlich dynamisiert werden. Denn die seit Jahren zunehmende Unterfinanzierung der Pflegedienste und Pflegeeinrichtungen bildete die Ursache für die sukzessive Arbeitsverdichtung der Mitarbeitenden.“ Noch immer werde keine regelmäßige Anpassung der Vergütung wie etwa ansteigende Lebenshaltungskosten oder auch an die Inflationsrate vorgenommen. Schuhmann: „Spätestens ab 2019 muss eine Dynamisierung der Leistungen eingeführt werden – im Koalitionsvertrag ist momentan einzig die Rede davon, eine Leistungsanpassung ab 2020 zu prüfen. Dies reicht nicht aus.“
Schuhmann nahm auch zum Abrechnungsbetrug durch ambulante Pflegedienste Stellung und begrüßte das kürzlich vorgestellte „Bündnis gegen Abrechnungsbetrug“ sowie den Zehn-Punkte-Plan der Krankenkassen. „Solche kriminellen Machenschaften schaden der gesamten Branche, und sie schaden natürlich auch jenen Diensten, die so arbeiten, wie man es von einem Anbieter der Pflege auch erwarten kann – orientiert an den eigene Qualitäts- und Werteversprechen und selbstverständlich auf Grundlage der Gesetze und Vorschriften.“ Aufgrund der Verbandsstrukturen könne man solche Vorgänge in der Diakonie aber ausschließen, so Schuhmann.
Auf die steigende Zahl traumatisierter Flüchtlinge reagiert die Diakonie Bayern seit 2014 mit dem Projekt TAFF (Therapeutische Angebote für Flüchtlinge). Immer häufiger, so Tobias Mähner, 2. Vorstand der Diakonie Bayern, sehen sich die Beratungsstellen und Fachdienste der Diakonie damit konfrontiert – bis zu 80 Prozent aller Geflüchteten sind Studien zufolge von psychischen Erkrankungen und Traumatisierung betroffen.
Zwar gebe es in Bayern Therapiezentren, die Asylsuchende aufnehmen und behandeln. Mähner: „Sie alle haben Wartezeiten von bis zu einem Jahr und sind für Flüchtlinge aus dem ländlichen Raum nur schwer zu erreichen.“ Nachdem TAFF in den vergangenen Jahren in den Modellregionen Kempten/Oberallgäu und Coburg/Oberfranken-West erprobt wurde, soll das Angebot nun auf andere Standorte in Bayern ausgeweitet werden. „Ziel ist jeweils der Aufbau eines therapeutischen Netzwerks aus pädagogischen Fachleuten, Therapeuten, Ärzten, und Dolmetschern um die optimale psychotherapeutische Versorgung von traumatisierten und psychisch erkrankten Flüchtlingen und Migranten/innen auszubauen und dauerhaft zu gewährleisten.” Zu den geplanten neuen Standorten von TAFF gehören unter anderem die Landkreise Neu-Ulm und Mühldorf sowie Starnberg, Rosenheim und Freising, für die jeweils zwei Mitarbeitende vorgesehen seien. „Für die kommenden drei Jahre stehen dafür 1.3 Millionen Euro zur Verfügung; hinzu kommen weitere 500.000 Euro für Kulturmittler und Dolmetscher.“