Nürnberg 13.07.2017 Die ländlichen Regionen dürfen bei der medizinischen und pflegerischen Versorgung nicht abgehängt werden, so der Gerontologe Andreas Kruse (Heidelberg) beim gemeinsamen Sommerempfang der Diakonie Bayern und des Kirchenkreises Ansbach-Würzburg heute in Wildbad Rothenburg. Besonders für Dörfer gelte: „Hier muss das Prinzip der Selbstorganisation besonders mit Leben gefüllt werden: Inwieweit können Einwohnerinnen und Einwohner bestimmte Dienste und soziale sowie kulturelle Aktivitäten selbst organisieren?“
In seinem Festvortrag vor knapp 250 geladenen Gästen aus Politik, Verbänden, Kirchen und Gesellschaft wies Kruse, Direktor des Instituts für Gerontologie der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg darauf hin, dass gerade in Dörfern ein erweitertes Verständnis von ‚Subsidiarität‘ zentral sei. Kruse: „Hier erweist sich die enge Kooperation zwischen Familienangehörigen, Nachbarn und bürgerschaftlich engagierten Personen in der Unterstützung hilfe- oder pflegebedürftiger Menschen als besonders wichtig, wobei diese Sorgestrukturen durch hauptamtlich erbrachte Hilfe- und Pflegeleistungen flankiert oder gestützt werden müssen. Man kann hier auch von einer „geteilten Verantwortung“ sprechen.
Den Wohlfahrtsverbänden empfahl Kruse, sich auch und vermehrt auf die Bedarfe in Dörfern sowie auf die Unterstützung der auf Hilfe oder Pflege angewiesenen Menschen konzentrieren, dabei aber auch konsequent das bürgerschaftliche Engagement nutzen. Denn dieses, so Kruse, sei gerade unter den älteren Mitbürgerinnen und Mitbürgern recht stark ausgeprägt. „Bis zu 35 Prozent der 65-Jährigen und Älteren sind in irgendeiner Weise bürgerschaftlich engagiert.“
Zum Empfang gemeinsam eingeladen hatten Michael Bammessel, Präsident der Diakonie Bayern und Regionalbischöfin Gisela Bornowski, die die Veranstaltung mit einem geistlichen Wort eröffnete. Diakoniepräsident Bammessel betonte die Chance von Kirche und Diakonie, hier gemeinsam aktiv zu werden: „Betreuung zu Hause, offene Tagestreffs, Tagespflegen, Kurzzeitpflege, Angebote für pflegende Angehörige, ehrenamtliche Unterstützungsdienste - auf einmal greifen Angebote, die klassisch eher bei den Kirchengemeinden angesiedelt waren und Pflegeleistungen, die von der Diakonie angeboten werden, ineinander.“
Kaum eine andere Organisation verfüge heute über ein immer noch so eng gespanntes Netz wie die evangelische Kirche - auch an Orten, wo es vielleicht keine Bank, keine Post, keine Schule, keinen Bäcker und womöglich auch keine Wirtschaft mehr gebe.
Bammessel: „Evangelische Kirche und Diakonie sind für das vernetzte Arbeiten von den Voraussetzungen vor Ort her so gut aufgestellt wie kein anderer freier Akteur.“ Es komme jetzt darauf an, in den nächsten Jahren diese Chance noch stärker nutzen.
Das Diakonische Werk Bayern ist der zweitgrößte Wohlfahrtsverband im Freistaat. Als Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege vertritt er die Interessen von über 1.300 Mitgliedern mit etwa 3.000 Einrichtungen und etwa 90.000 Mitarbeitenden. Zu den Angeboten der Diakonie in Bayern gehören unter anderem mehr als 1.000 Seniorenclubs und knapp 250 Diakoniestationen.
Der Kirchenkreis Ansbach-Würzburg erstreckt sich in der Nord / Süd – Ausdehnung von Bad Neustadt an der Saale an der thüringischen Grenze bis zum Fränkischen Seenland und in der Ost/West-Ausdehnung von Windsbach, der Heimat des weltberühmten Knabenchores bis Aschaffenburg. Die kirchliche Untergliederung ergibt 19 Dekanatsbezirke und 462 Kirchengemeinden, in denen rund 400.000 evangelische Christen leben.