Nürnberg, 1.12.2015 Am 5. Dezember um Mitternacht wird sich für Abudi (Name geändert) vieles ändern. Dann wird er volljährig, und dies bedeutet unter anderem: Die Kosten für die therapeutische und pädagogische Begleitung des jungen Mannes werden nicht mehr vom Freistaat Bayern übernommen. Auch auf dessen Unterstützung bei Schulbesuch und Ausbildung kann der junge Syrer nicht mehr hoffen, der vor wenigen Monaten als unbegleiteter Flüchtling von Syrien nach Deutschland kam. Denn die Kostenübernahme für die Begleitung unbegleiteter minderjährige Flüchtlinge (UMFs) durch den Freistaat Bayern soll nach Willen der Staatsregierung exakt mit Erreichen des achtzehnten Lebensjahres enden.
„Seit dem 1. November 2015 übernimmt der Freistaat die Kosten für Maßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe, die für UMFs erbracht werden, und entlastet damit dankenswerterweise die Kommunen“, so Birgit Löwe, zuständiges Vorstandsmitglied der Diakonie Bayern. Wie bei einheimischen Jugendlichen auch sollen allerdings ab dem achtzehnten Lebensjahr zukünftig allein die Jugendämter zuständig sein – und zwar nicht nur für die Genehmigung von Maßnahmen, sondern auch für die Kosten. „Damit haben die Kosten dann die Landkreise und kreisfreie Städte zu tragen.“ Zwar sehe, so Löwe weiter, die Gesetzgebung im SGB VIII im Grunde entsprechende Leistungen vor. Dennoch werde hier künstlich eine „Sollbruchstelle“ zu Lasten der Betroffenen geschaffen.
„Die dann beginnende Diskussion um Zuständigkeit und Kosten wird in vielen Fällen bedeuten: Begonnene Maßnahmen werden abgebrochen oder gar nicht erst begonnen.“ Löwe weiter: „Die meisten jungen Flüchtlinge, die in den Einrichtungen der Jugendhilfe ankommen, sind zwischen 16 und 17 Jahren alt.“ Dies bedeutet für die Praxis: Für ihre pädagogische und therapeutische sowie schulische und berufliche Begleitung stehen in Zukunft in der Regel nur sechs bis achtzehn Monate zur Verfügung - eben bis zum Erreichen des achtzehnten Lebensjahres. Löwe: „Diese Zeit reicht in der Praxis meist nicht aus, um die Jugendlichen soweit zu stabilisieren und schulisch und beruflich zu qualifizieren, dass sie ein eigenständiges Leben führen können.“
Abgesehen von den Folgen für jeden einzelnen der Betroffenen könnten die Pläne in vielen Fällen auch finanziell kontraproduktiv sein: „Einmal begonnene Maßnehmen müssten abgebrochen werden, der vorherige Mitteleinsatz wäre also ohne Erfolg geblieben, das Hilfeziel nicht erreicht und der Jugendhilfeaufwand in diesen Fällen vergebens.“. Dies, so Löwe, widerspricht dem in der Kinder- und Jugendhilfe ansonsten stets geltenden Prinzip einer nachhaltigen, sparsamen und wirksamen Verwendung der Mittel. Auch eine rasche und erfolgreiche Integration sei so nicht möglich. Löwe fordert von Freistaat und Kommunen, gemeinsam dafür Sorge zu tragen, dass die entsprechenden Angebot weiter flächendeckend vorgehalten werden „Auch die Leistung für junge Volljährige muss sich an ihrem Bedarf orientieren – und nicht an ihrem Alter.“ Die Kommunen sollten zudem prüfen, ob die Mittel, die durch die Kostenübernahme für Minderjährige durch den Freistaat gespart wurden, nicht in Maßnahmen für junge Volljährige investiert werden können.