Nürnberg, 05.10.17 „Für allein erzogene Kinder sind Ihre ja ganz nett“ – die Aussage einer Lehrerin beschreibt treffend die Situation Alleinerziehender vor 40 Jahren. „Alleinerziehende erfuhren Ausgrenzung statt Unterstützung. Ein uneheliches Kind war vielerorts eine Schande“, so Michael Bammessel, Präsident der Diakonie Bayern anlässlich des Jubiläums, das am 6. Oktober in Nürnberg gefeiert wird. Diakonie und Kirche reagierten darauf mit der Gründung der „Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für alleinerziehende Mütter und Väter“. Angesichts der Situation vieler Alleinerziehender sei das Engagement für sie heute ebenso wichtig wie vor 40 Jahren. „Über 35 Prozent aller Alleinerziehenden in Bayern gelten als armutsgefährdet, das ist erschreckend.“
Auch wenn die Zahl der Ehescheidungen im vergangenen Jahr leicht gesunken ist – von den über 160.000 geschiedenen Ehen im Jahr 2016 war über die Hälfte eine Ehe mit minderjährigen Kindern. Es sei, so Bammessel, mittlerweile zwar keine Schande mehr, sich zu trennen oder scheiden zu lassen: „Das Motto der Arbeitsgemeinschaft, ‚Familie lebt in vielen Formen‘ spiegelt darum auch eine veränderte gesellschaftliche Realität wieder.“ Die Verbesserung der Situation Alleinerziehender bleibe dennoch eine Herausforderung für Politik und Gesellschaft: So stelle die Vereinbarkeit von Familie und Beruf viele Alleinerziehende immer noch vor große Herausforderungen „Es fehlen nicht nur Betreuungsplätze für unter Dreijährige, sondern auch Betreuungsplätze für Schulkinder.“ Besonders problematisch sei dies für Alleinerziehende, die in Früh- oder Spätdiensten oder im Schichtdienst arbeiten.
Die finanzielle Situation vieler Alleinerziehender wird zudem dadurch erschwert, dass sie nach der Trennung Schulden haben, die beglichen werden müssen. Bammessel: „Über zehn Prozent der Klienten in den deutschen Schuldnerberatungsstellen sind Alleinerziehende.“ Auch die Suche nach angemessenem und bezahlbarem Wohnraum werde angesichts eines angespannten Wohnungsmarktes zunehmend zur Problem für die Betroffenen: „Die Regierungen müssen die Förderung des sozialen Wohnungsbaus noch entschiedener aufstocken als bisher“, so der Diakoniepräsident.
Außerdem tritt Bammessel für eine größere Anerkennung Alleinerziehender ein: „Es ist bewundernswert, was viele Mütter und auch Väter in dieser Situation leisten. Die heutigen Ansprüche an Erziehung, Lebensgestaltung und berufliche Leistung sind schon für Eltern in klassischen Familien oft schwer zu erfüllen. Es verdient Hochachtung, wie Alleinerziehende trotz schwierigster Umstände diese Aufgaben bewältigen.“
In der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für alleinerziehende Mütter und Väter haben sich 40 Träger aus Diakonie und Kirche zusammengeschlossen. Dazu gehören Träger von Beratungsstellen der Kirchlich allgemeinen Sozialarbeit (KASA), Erziehungsberatungsstellen, Familienbildungsstätten sowie Erwachsenenbildungs-werke. Die Arbeit ist zudem geprägt durch ein hohes ehrenamtliches Engagement.
Mehr zu den Angeboten für Alleinerziehende der Diakonie Bayern finden Sie unter http://bit.ly/2xjrjKm