
JAHRESTHEMA 2017/2018 - GESCHICHTEN DES ANKOMMENS BEI DER BAYERISCHEN DIAKONIE

Der Künstler Rudolf Bodmeier. Angekommen bei der Diakonie in Bayern
In dieser „Geschichte des Ankommens“ spiegeln sich die Erfahrungen von Rudolf Bodmeier wider. Durch eine spastische Lähmung beeinträchtigt, musste Rudi Bodmeier sein Leben in Einrichtungen und Heimen für Menschen mit Behinderung verbringen, bis er 2008 durch die Unterstützung der Diakonie seine Anerkennung und Förderung als Künstler fand. Er arbeitet seit November 2008 im Kunstatelier des Heilpädagogischen Centrum Augustinum (hpca) in Oberschleißheim bei München und lebt heute selbstständig in einer eigenen Wohnung in Unterschleißheim.
Rudolf Bodmeier wurde im Mai 1961 in München geboren. Seit seiner frühesten Kindheit, im Alter von vier Jahren, verbrachte er sein Leben ausschließlich in verschiedenen Einrichtungen und Heimen für Behinderte und erlebte das System einer entmündigenden Fürsorge, geprägt von Überbehütung, Bevormundung in geschützten Werkstätten und Wohngruppen, bis hin zur Misshandlung im Kloster. Mit Dreizehn wurde er für ungefähr ein Jahr in eine psychiatrische Klinik eingeliefert. Später arbeitete er in den Werkstätten für behinderte Menschen der Stiftung Attl bei Wasserburg in Bayern, wo er überwiegend in der Metallbearbeitungsproduktion tätig war. Sein künstlerisches Oeuvre von ca. zweitausend Arbeiten schuf er zu diesem Zeitpunkt ausschließlich in seiner Freizeit und meist sogar im Verborgenen, da seine Arbeitsweise und Themen durch die Institutionen sanktioniert und diffamiert wurden.
Im November 2008 schloss sich Rudi Bodmeier dem atelier hpca in Oberschleißheim an, wo er seitdem ganztags als Künstler arbeitet. Seine auf Papier gezeichneten, dann auf Karton kaschierten und ausgeschnittenen Frauen-Idole bewegen sich emotional zwischen geheimer Anziehung und Abstoßung, Faszination und Rätsel.
„Geh weg mit deinem Gekritzel!“
Untergegangen bin ich da,
in den großen Sälen,
in den grauen Heimen,
bei der falschen Arbeit.
Erst bei der Diakonie
haben sie hingeschaut
und gesehen:
Ich kann was
mit der Kunst,
kann allein leben,
wie ich es brauche,
zum Atmen.
Jetzt schauen alle.
Das Heilpädagogische Centrum Augustinum (hpca) begleitet seit seiner Gründung 1954 Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit Behinderungen in allen Lebenssituationen.
1995 wurde das Kunstatelier im Heilpädagogischen Centrum Augustinum gegründet und ist heute als atelier hpca bekannt. Die Ateliergemeinschaft besteht aus ca. 20 Künstlerinnen und Künstlern mit geistiger Behinderung. Eine Galerie und eine Kunstsammlung sind angeschlossen. atelier hpca betreut das Schaffen der künstlerisch tätigen Menschen mit Behinderung und vertritt deren Werke durch Ausstellungsprojekte und Publikationen.
Die Diakonie fördert Kunst von Menschen mit Behinderung
Mit der bundesweiten Wander-Ausstellung „Kunst trotz(t) Handicap“ stellt die Diakonie Deutschland Kunst von Menschen mit Behinderung vor. Das einzigartige, inklusive Konzept der Ausstellung zeigt Werke von Menschen mit Behinderung aus über 20 Ateliers in ganz Deutschland gemeinsam mit Werken von renommierten Künstler/innen, die sich inhaltlich mit dem Thema Behinderung und Inklusion auseinandersetzen.
Vom 15. Juni bis 14. Juli 2016 war die Ausstellung in Nürnberg zu Gast und wurde in der Egidienkirche, im „eckstein“-Haus der Kirche und in der Geschäftsstelle des Diakonischen Werkes Bayern gezeigt. Über 1100 Besucher/innen sahen die Ausstellung in St. Egidien. An der Finissage und Podiumsdiskussion zur Ausstellung zum Thema „Ausstellung von Künstler/-innen mit Handicap: Inklusion oder subtile Exklusion?“ am 14.7.2016 nahmen auch Klaus Mecherlein, Leiter der hpca Kunstwerkstatt, und der Künstler Rudi Bodmeier teil.
Hilfen für Menschen mit Behinderung der Diakonie Bayern in Zahlen
15 Frühförderstellen für Kinder mit Behinderung mit rund 150 Mitarbeitenden und ca. 2.000 Plätzen
39 ambulante Dienste zur Sicherung der Teilhabe von Menschen mit Behinderung
86 Internate, Heime, Wohngruppen für geistig-, körperlich-, sinnesbehinderte Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit ca. 8.000 Plätzen und rund 4.000 Mitarbeitenden
19 Tagesstätten an Förderschulen für geistig-, körperlich- und mehrfach behinderte Kinder und Jugendliche mit ca. 1.000 Plätzen
3 Berufsbildungswerke zur beruflichen Ausbildung von Jugendlichen mit Behinderung
4 Berufsförderungswerke für Menschen mit Behinderung
42 Werkstätten für Menschen mit Behinderung mit ca. 5.000 Plätzen und rund 1.000 Mitarbeitenden
5 Integrationsfirmen für Menschen mit Behinderung
18 Förderstätten für schwerstbehinderte Menschen mit ca. 900 Plätzen